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Zum 100. Geburtstag
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MARIA GÖPPERT-MAYER.
EINE ERSTAUNLICHE KARRIERE – TROTZ MANNIGFACHER BARRIEREN

Norbert Willisch (Ebersberg)


Im Land Niedersachsen der Bundesrepublik Deutschland gibt es ein Förderprogramm für internationale Frauen- und Geschlechter- forschung (Gender-Forschung), das den Namen der Nobelpreisträgerin des Jahres 1963 im Fach Physik, Maria Goeppert-Mayer, trägt und Mittel für Gastprofessuren und Lehraufträge bereithält.1 Mit dieser Namensgebung wird gewürdigt, dass die Wissenschaftlerin, die einst an der niedersächsischen Universität Göttingen studiert und promoviert hat, sich in der Männerdomäne Physik behaupten konnte und als zweite Frau nach Marie Curie-Sklodowska mit dem Nobelpreis in diesem Fach ausgezeichnet wurde (als erste übrigens auf dem Gebiet der Theoretischen Physik). In der Erklärung des Programmnamens heißt es ferner, dass sie junge Frauen ermutigte, sich den Naturwissenschaften zuzuwenden. Wer war diese außergewöhnliche Frau, woher kam sie, wie sah ihr Lebensweg aus, worin besteht ihre Leistung und welche Antriebskräfte führten dazu? Der Geburtstag der Wissenschaftlerin, der sich 2006 zum einhundertsten Male jährte, war der äußere Anlass, diesen Fragen nachzugehen.2

Maria Gertrud Käte Göppert – so der Eintrag im Geburtsregister der oberschlesischen Stadt Kattowitz vom 29. Juni 1906 (zu deutscher Zeit) unter der Nummer 647 – wurde, wie in dem Dokument zu lesen ist, am 28. Juni 1906 vormittags um achteinhalb Uhr in der Wohnung des praktischen Arztes Doktor Friedrich und seiner Ehefrau Maria Göppert, geborene Wolff, beide evangelischen Bekenntnisses, in der Mühlstraße 5 geboren.3 Das Gebäude, ein stattliches vierstöckiges Haus aus der Gründerzeit in der Nähe des nach dem Krieg errichteten neuen Hauptbahnhofs, steht noch. Eine an der Fassade angebrachte Bronzetafel weist (in polnischer Sprache) darauf hin, dass die Physik-Nobelpreisträgerin des Jahres 1963 »Maria Goeppert-Mayer« hier geboren wurde. Gestiftet wurde die Tafel 1995 von der Zeitung »Dziennik Zachodni«.4 Auf Anregung einer Kattowitzer Schule ist durch Stadtratsbeschluss vom 30. Juli 2007 eine Straße der Stadt nach Maria Goeppert-Mayer benannt worden.5

Göpperts waren eine angesehene schlesische Familie, die Ärzte und Apotheker, Naturwissenschaftler und Juristen hervorgebracht hat.6 Marias Urgroßvater Heinrich Robert Göppert7 war der berühmte Botaniker und Paläontologe der Universität Breslau, auch Direktor des Botanischen Gartens, der erstmals den Ursprung des Bernsteins und die Entstehung der Steinkohlelagerstätten richtig erklärte und sich um die Popularisierung neuer Naturerkenntnisse und ihre praktische Anwendung im Pflanzenschutz verdient machte.8 Marias Großvater lehrte Jurisprudenz an der Universität Breslau, ehe er ins Preußische Kultusministerium nach Berlin wechselte, und war mit der Tochter eines Breslauer Ratsherrn aus der bekannten jüdischen Familie Landsberg verheiratet. Der Großvater mütterlicherseits war Lehrer am ersten Kattowitzer Gymnasium. Marias Vater, der Arzt Dr. Friedrich Göppert, erhielt im Jahr 1909 einen Ruf als a. o. Professor an den Lehrstuhl für Kinderheilkunde der Georg-August-Universität Göttingen, demzufolge seine Familie mit der dreijährigen Tochter, ihrem einzigen Kind, nach Göttingen umzog. Kurze Zeit darauf übernahm der Vater die Leitung der dortigen Universitätskinderklinik. Seine Frau hatte vor ihrer Heirat Französisch unterrichtet und Klavierstunden gegeben.9

In Göttingen besuchte Maria Göppert die Grundschule und im Anschluss daran bis 1921 eine private Höhere-Töchter-Schule. Zu jener Zeit gab es in der Stadt keine staatlichen weiterführenden Schulen für Mädchen. Die in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 verankerte Gleichberechtigung der Geschlechter setzte sich im Bildungswesen erst langsam durch. Auf das Abitur bereiteten lediglich von Frauenrechtlerinnen organisierte dreijährige Kurse vor, die jedoch 1923 – inflationsbedingt – eingestellt werden mussten. Die Abiturprüfung bestand sie dennoch im Jahr darauf extern an einem Knaben-Gymnasium in Hannover. Schon früh stand für sie fest, einmal nicht in der traditionellen Rolle einer Hausfrau und Mutter aufzugehen; der Vater, der ihre Begabung erkannte und förderte, bestärkte sie darin.10

Im Herbst 1924 schrieb Maria sich an der Universität Göttingen ein und wählte auf Rat des Mathematikers David Hilbert, eines Grundstücksnachbarn und Freundes der Familie Göppert, das Studienfach Mathematik mit dem Ziel, Mathematiklehrerin zu werden.11 Die Göttinger Mathematik hatte seit den Tagen von Carl Friedrich Gauß, Peter G. Lejeune-Dirichlet und Bernhard Riemann im 19. Jahrhundert Weltruf, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzten Felix Klein und David Hilbert sowie deren Schüler die Reihe glanzvoller Namen fort. Beide waren auch auf dem Gebiet der Theoretischen Physik außerordentlich fruchtbar. In den 20er Jahren entwickelte sich Göttingen unter den Physikern James Franck und Max Born auch zu einem weltweit führenden Zentrum der modernen Physik, das einen qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs aus der ganzen Welt anzog.12 In einer Art Geniestreich des jungen Privatdozenten am Bornschen Lehrstuhl Werner Heisenberg entstand hier 1925 die Quantenmechanik, eine die Bewegungen und Wechselwirkungen im atomaren Bereich – wo die klassische Newtonsche Mechanik versagte – adäquat beschreibende Theorie. Sie wurde noch im gleichen Jahr von Born, Heisenberg und Pascual Jordan (dazumal Mitarbeiter Borns) mathematisch ausformuliert und revolutionierte das Verständnis der Vorgänge im Mikrokosmos. Heisenberg erntete dafür 1932 den Nobelpreis; Born wurde 1954 damit bedacht – in Anerkennung seiner Arbeiten aus den Göttinger Jahren.

Unter dem Eindruck dieses Geschehens und vielleicht auch einer von Hilbert im Wintersemester 1926/27 gehaltenen Vorlesung über die neue Entwicklung der Quantenmechanik13 wechselte Maria Göppert im Jahr 1927 von der Mathematik zur »jungen und aufregenden« 14 Physik. Bezeichnend ihr Ausspruch: Physik ist wie Mathematik »Rätsellösen«, »aber es sind Rätsel, die die Natur stellt, nicht der menschliche Geist«.15 Durch das Mathematik-Studium hatte sie jedenfalls eine solide Basis für das weitere Studium und die darauf folgende wissenschaftliche Tätigkeit gewonnen. Nach dem Tod ihres Vaters im gleichen Jahr schloss sie sich dem Kreis junger hoffnungsvoller Studenten um Max Born an, welcher sich ihrer als väterlicher Freund annahm und ihr Doktorvater wurde. Zu dieser Zeit promovierte beispielsweise Robert Oppenheimer, der »Vater« der amerikanischen Atombombe, bei Born, und kurz nach Maria Göppert beendeten ihre Kommilitonen Max Delbrück (Nobelpreisträger 1969 in Physiologie oder Medizin) und Victor F. Weißkopf (1961-65 Generaldirektor des europäischen Laboratoriums für Teilchenphysik CERN in Genf) das Studium bei Born mit dem Doktor-Examen.

1928 erhielt Maria Göppert gleich Gelegenheit, ein Semester im englischen Cambridge zu verbringen und den Altmeister der Atomphysik Ernest Rutherford zu hören, der 1908 mit dem Nobelpreis in Chemie (für seine Arbeiten zum Verständnis des Atoms) ausgezeichnet wurde; gleichzeitig konnte sie auf diese Weise ihre Englischkenntnisse verbessern, was ihr bald von Nutzen sein sollte. Bereits Anfang 1930 legte sie ihre Dissertationsarbeit über »Elementarakte mit zwei Quantensprüngen« vor – nach dem Urteil von Eugen(e) P. Wigner, einem Göttinger Kollegen, mit dem (und mit dem Deutschen Hans D. Jensen) sie sich 1963 den Physik-Nobelpreis teilen sollte, »ein Meisterwerk an Klarheit und Konkretheit«.16 Die Arbeit wurde mit »Gut« bewertet und das Rigorosum bei Max Born sowie den beiden Göttinger Nobelpreisträgern der Jahre 1925 und 1928 in Physik und Chemie, James Franck und Adolf Windaus, mit »Sehr gut«.17

Ein Jahr zuvor hatte Maria Göppert den nach Göttingen zu James Franck gekommenen amerikanischen Rockefeller-Stipendiaten Dr. Joseph Edward Mayer (einen Physikochemiker von der kalifornischen Universität Berkeley)18 kennengelernt, der im Göppertschen Haus ein Zimmer nahm; er war der Sohn eines Ingenieurs österreichischer Abstammung. Maria galt als »das schönste Mädchen von Göttingen«19 und war eine begehrte Partie. Der smarte Amerikaner stach alle anderen Verehrer aus, heiratete sie Anfang 1930 und führte sie im März desselben Jahres als seine Frau heim nach Amerika. Dort hatte er an der renommierten Johns Hopkins University in Baltimore eine erste Anstellung als »Associate Professor« für Chemie erhalten. 1933 sollte sich auch James Franck dort einfinden und ihm später nach Chicago vorausgehen.

Mit welchen Erwartungen kam Maria Göppert-Mayer, wie sie sich von da ab nannte (ihren Namen schrieb sie seither mit »oe« statt mit »ö«, meist auch ohne Bindestrich), in die USA? In Deutschland war es für eine Frau noch immer nahezu unmöglich, Professorin zu werden. Als abschreckendes Beispiel stand ihr wohl die Situation der genialen Mathematikerin Emmy Noether vor Augen; selbst Tochter eines Universitätsprofessors, konnte sie in Göttingen – trotz ihres einflussreichen Befürworters Hilbert – lediglich den Status einer nicht beamteten außerordentlichen Professorin mit einem Lehrauftrag für ein spezielles Gebiet (die Algebra) mit minimalem Einkommen erlangen.20 Maria Göppert-Mayers Enttäuschung war groß, als sie feststellen musste, dass die Lage für Wissenschaftlerinnen in den USA keineswegs günstiger war. An den meisten amerikanischen Universitäten galten sog. Nepotismus-Regeln, die die gleichzeitige Beschäftigung von Eheleuten nicht zuließen.21 Im übrigen war die Quantenmechanik in den Staaten zu jener Zeit so gut wie unbekannt. Das änderte sich erst, als mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland Wissenschaftler in großer Zahl aus ihrem Land vertrieben wurden und größtenteils in die USA emigrierten. Max Born blieb zwar in Europa, setzte sich aber nach Cambridge ab und fand schließlich im schottischen Edinburgh eine Bleibe. In Göttingen führte dies innerhalb kurzer Zeit zur Auszehrung des einzigartigen mathematisch-naturwissenschaftlichen »Biotops«.22

In Baltimore musste Maria Göppert-Mayer sich fürs erste damit zufriedengeben, einem Kollegen ihres Mannes aus dem Physik-Department der Johns Hopkins University gegen ein bescheidenes Entgelt bei der Erledigung seiner deutschen Korrespondenz zu helfen. Dafür erhielt sie Zugang zu den Einrichtungen der Universität und durfte sich an ihren wissenschaftlichen Aktivitäten beteiligen. Auf diese Weise bekam sie auch näheren Einblick in die Physikalische Chemie, das Arbeitsfeld ihres Mannes, und veröffentlichte mit ihm und anderen (insbesondere Karl F. Herzfeld) einige bemerkenswerte Arbeiten. Bis zum Weggang Borns aus Deutschland im Jahr 1933 kehrte sie alljährlich zu gemeinsamer wissenschaftlicher Arbeit mit ihm nach Göttingen zurück; danach weiterhin regelmäßig zum Besuch ihrer (im Jahr 1937 verstorbenen) Mutter. Im Lauf der Zeit engagierte sie sich auch in der Lehre, gab eine Reihe von Fortgeschrittenenkursen in Theoretischer Physik und wirkte an Physik- und Chemie-Seminaren mit, teils in Zusammenarbeit mit ihrem Mann. Für ihre Lehrtätigkeit bekam sie allerdings nur einen Bruchteil des Gehalts eines männlichen Kollegen vergleichbaren Ranges. Diese Arbeit setzte sie auch nach der Geburt ihrer beiden Kinder, der Tochter Marianne 1933, und des Sohns Peter 1938, fort. Anlässlich ihrer ersten Mutterschaft nahm sie die amerikanische Staatsbürgerschaft an.23

Anfang 1939 verlor Joe Mayer seine befristete Stellung an der Johns Hopkins University – wohl auch aus Gründen zunehmender Reserviertheit allem Deutschen oder erkennbaren Deutschenfreunden gegenüber (Mayers verhalfen etlichen deutschen Wissenschaftlern bzw. Wissenschaftlerinnen zur Ausreise und beschäftigten sie z. T. vorübergehend in ihrem Haushalt).24 Er konnte jedoch an die Columbia University in New York wechseln, und die Familie folgte ihm dorthin. Für seine Ehefrau gab es aber wiederum keinen Arbeitsplatz – auch nicht 1940, als ihr gemeinsam verfasstes Buch Statistical Mechanics, ein Standardwerk auf diesem Gebiet, erschienen war. Erst nach dem Überfall der Japaner auf Pearl Harbor im Dezember 1941 und dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg sah man sich genötigt, Frauen die durch die Rekrutierung der Männer freigewordenen Posten anzubieten. Außerdem kam die gewaltige Maschinerie des dem amerikanischen Präsidenten von Einstein und anderen nahegelegten »Manhattan-Projekts« zur Entwicklung einer Atombombe in Gang, um Deutschland, wo die Kernspaltung 1938 von Otto Hahn und Fritz Straßmann entdeckt wurde, darin zuvorzukommen. Maria Göppert-Mayer konnte sogleich einen bezahlten Halbtagsjob als Dozentin am Sarah Lawrence (Frauen-)College in Bronxville, New York, übernehmen. Ein Jahr später wurde sie gebeten, zusätzlich in einer an der Columbia University angesiedelten geheimen Forschergruppe im Rahmen des Manhattan-Projekts unter Leitung des Nobelpreisträgers Harold C. Urey (des Entdeckers des schweren Wasserstoffs) mitzuarbeiten; hier beschäftigte sie sich mit der photochemischen Trennung des leicht spaltbaren Uranisotops U-235 vom natürlichen U-238.25 Die Ergebnisse dieser Arbeit waren bei der Herstellung der ersten auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben allerdings ohne Bedeutung. Maria Göppert-Mayer setzte sich nach dem Krieg – wie ihre Lehrer Max Born und James Franck26 sowie Robert Oppenheimer, der Leiter des Manhattan-Projekts – entschieden für die friedliche Nutzung der Kernenergie ein.

Im Frühjahr 1946 gingen Mayers nach Chicago, wo Joe von der dortigen Universität eine Professur angeboten erhielt und sie eine Stelle als »Voluntary Associate Professor«, später eine volle Professur – allerdings ohne Bezahlung.27 Chicago war dazumal das Zentrum der amerikanischen Kernphysik, wie Göttingen im alten Europa 20 Jahre zuvor. 1942 gelang dort unter Leitung von Nobelpreisträger Enrico Fermi die erste kontrollierte Kettenreaktion. Alles, was in der Kernforschung Rang und Namen und größtenteils mit dem Bau der Atombombe in Los Alamos zu tun hatte, versammelte sich nach dem Krieg im neu geschaffenen »Institute for Nuclear Studies« in Chicago: Neben Fermi auch Harold Urey und Edward Teller, der »Vater« der amerikanischen Wasserstoffbombe. Vor den Toren der Stadt entstand 1946 außerdem das »Argonne National Laboratory« der amerikanischen Atomenergiebehörde. In ihm konnte sich Maria Göppert-Mayer (auf Betreiben von Robert G. Sachs, ihres ehemaligen Doktoranden in Baltimore) zusätzlich zu der Tätigkeit an der Universität an der Erforschung der Möglichkeiten zur friedlichen Nutzung der Kernenergie beteiligen – für ein halbes Männergehalt als »Senior Physicist (half time)«. Obwohl sie nach eigenem Bekunden über Kernphysik zunächst nur wenig wusste, wurde sie in der anregenden Atmosphäre, insbesondere durch die vielen Diskussionen mit Edward Teller und Enrico Fermi, rasch mit diesem Gebiet vertraut.28

1947/48 begann Maria Göppert-Mayer (mit Edward Teller) über den Ursprung der chemischen Elemente nachzudenken und ihre Aufmerksamkeit der Tatsache zu schenken, dass manche Elemente in der Natur besonders häufig vorkommen und bestimmte Isotope eines Elements stabil sind, andere hingegen nicht und deshalb rasch zerfallen.29 Auffallenderweise zeichnen sich stabile Atome bzw. Isotope, wie man nach und nach herausfand, durch eine bestimmte Anzahl von Neutronen oder Protonen in ihrem Kern aus, nämlich 2, 8, 20 und 28, 50, 82 (sowie 126 Neutronen). Erste Hinweise darauf stammten von Walter Elsässer aus dem Jahr 1933.* Anhand des von dem Geochemiker Victor M. Goldschmidt Ende der 1930er Jahre zusammengetragenen umfangreichen empirischen Materials über die kosmische Häufigkeit der Elemente gewann der Chemiker Hans E. Suess 1947 wichtige Einsichten in die Stabilitätsbedingungen der Atomkerne und die Bedeutung, die den vorgenannten Zahlen dabei zukommt.30 Eugen(e) Wigner prägte für diese besonderen Zahlen den Begriff »magische Zahlen«, weil man ihr Zustandekommen – zumindest der größeren Zahlen dieser Folge – nicht erklären konnte. Allmählich setzte sich die Vorstellung durch, dass die Nukleonen (Protonen und Neutronen) im Atomkern schalenförmig angeordnet sein könnten – in Analogie zu den Elektronenschalen, auf denen nach dem Bohr-Sommerfeldschen Atommodell die Elektronen den Atomkern umkreisen; in stabilen Kernen sollten diese Schalen (englisch: shells) jeweils voll mit Nukleonen besetzt sein – so wie bei chemisch stabilen Elementen, den Edelgasen, die Elektronenschalen. Die Leistung Maria Göppert-Mayers besteht darin, dass es ihr gelang, ein einfaches Bildungsgesetz für die (bestimmten Energie-Niveaus entsprechenden) Kernschalen aufzustellen.

Der Schlüssel zur Lösung des Problems lag dabei in der von Enrico Fermi (ihr gegenüber) ins Gespräch gebrachten »Spin-Bahn-Kopplung« – d.h. der Kopplung von Eigendrehimpuls (Spin) und Bahndrehimpuls – der Nukleonen. Maria Göppert-Mayer verglich ihre Lösungsversuche selbst mit einem »Puzzle-Spiel«, bei dem man »das Bild schon ahnte« und »fühlte, dass alles passen könnte, wenn man nur ein einziges Teil mehr besäße«.31 Ausschlaggebend war die Idee, dass die Nukleonen verschiedene Energie haben müssten, je nachdem ob sie sich gleich- oder gegensinnig zu ihrem Umlauf um das Zentrum des Atomkerns drehen. Die Spin-Bahn-Kopplung ist eine Folge der Einsteinschen Relativitätstheorie; sie wirkt an sich auch in der Elektronenhülle des Atoms, ist jedoch dort (infolge der das Geschehen bestimmenden schwächeren elektromagnetischen Kräfte) weniger stark ausgeprägt. Mit dem Schalenmodell konnten nicht nur sehr viele bekannte Verhaltensweisen der Atomkerne unter einen Hut gebracht, sondern auch Vorhersagen getroffen und spätere Beobachtungen erklärt werden.32

Mit der wissenschaftlichen Erklärung des Zustandekommens der »magischen Zahlen« – unter der Annahme einer starken Spin-Bahn-Kopplung der Nukleonen – trat Maria Göppert-Mayer in der Ausgabe der Zeitschrift »The Physical Review« (der American Physical Society) vom 15. Juni 1949 an die Öffentlichkeit.33 Fast gleichzeitig gelangte Hans Daniel Jensen vom Institut für theoretische Physik der Universität Heidelberg – auf Basis der Befunde von Hans E. Suess und Otto Haxel – zum gleichen Ergebnis; gemeinsam berichteten sie darüber in drei kurz aufeinanderfolgenden Mitteilungen an die Zeitschrift »Die Naturwissenschaften« und einer weiteren an »The Physical Review«.34 Ein Prioritätsstreit hätte die Folge sein können. Der noblen Haltung der Wissenschaftler ist es zu verdanken, dass es dazu nicht gekommen ist. Maria Göppert-Mayer und Hans D. Jensen trafen sich erstmals im Sommer 1950 und daraufhin mehrfach zur Arbeit an einem gemeinsamen Buch, das ihre Erkenntnisse 1955 unter dem Titel Elementary Theory of Nuclear Shell Structure zusammenfasste. Aus der Hand des schwedischen Königs Gustav VI. Adolf empfingen sie am 10. Dezember 1963 zusammen den Physik-Nobelpreis für ihre »Entdeckung der nuklearen Schalenstruktur« – vielmehr eine Hälfte dieses Preises;35 die andere Hälfte ging an Eugen(e) Wigner für seine »Beiträge zur Theorie der Atomkerne und Elementarteilchen, speziell für die Entdeckung und Anwendung fundamentaler Symmetrieprinzipien«. Ihr Kommentar zur Preisverleihung: »To my surprise, winning the prize wasn’t half as exciting as doing the work itself [...] That was the fun – seeing it work out!«36 In der kurzen Lebensbeschreibung für das Nobelpreiskomitee brachte sie zum Ausdruck, wie tief sie sich ihrem wissenschaftlichen Lehrer Max Born verpflichtet weiß und merkte nicht ohne Stolz an: »On my father’s side, I am the seventh straight generation of university professors«.37 Am Eingang zum Physik-Gebäude des Argonne National Laboratory erinnert eine Gedenktafel mit dem Portrait der Nobelpreisträgerin daran, dass sie hier von 1946-1959 gewirkt hat –»the period during which her work on the nuclear shell model was done«.38

Kaum zu glauben ist, dass Maria Göppert-Mayer erst drei Jahre vor Verleihung des Nobelpreises ihre erste reguläre Anstellung als Professorin für Physik – mit vollem Gehalt – gefunden hat! Es war die 1960 gegründete University of California, San Diego in La Jolla, die die Eheleute (wohl auf Betreiben von Harold Urey, der dorthin vorausgegangen war) berief – ihren Mann auf eine Chemie-Professur. In Chicago besann man sich zu spät darauf, Mayers durch ein vergleichbares Angebot zu halten.39 Besagte Nepotismus-Regeln indessen, die Frauen eine wissenschaftliche Betätigung fast unmöglich machten, wurden in den USA erst während der 1970er Jahre abgeschafft.

Kurze Zeit nach ihrem Umzug nach Kalifornien hatte Maria Göppert-Mayer bereits einen Schlaganfall erlitten, der zu einer leichten linksseitigen Lähmung führte. Im übrigen bereitete ihr das ungezügelt starke Rauchen zunehmende Herz- und Kreislaufprobleme (so dass sie einen Herzschrittmacher tragen musste). Ihrem Engagement in Lehre und Forschung tat das jedoch keinen Abbruch; auch fand sie Zeit und Gelegenheit, mit der ihr zugewachsenen Autorität und ihren Erfahrungen – innerhalb und außerhalb des eigenen Landes – für ein naturwissenschaftliches Frauenstudium einzutreten. Auf einer Vortragsreise in Japan sagte sie 1965 u.a.:

    »Die Naturwissenschaften sind eigentlich ein vortreffliches Gebiet zum Frauenstudium, besonders die Physik oder die Chemie. Für mich bedeutet die Physik mehr Spaß als jedes andere Studienfach. Es gibt keinen Grund zu glauben, dass Frauen hier weniger leistungsfähig sind als Männer und dass eine intelligente, gut ausgebildete Frau nicht einen bedeutenden naturwissenschaftlichen Beitrag erbringen kann. […] Es gibt keinen wirklichen Grund für eine verheiratete Frau, ihre Karriere aufzugeben. Wenn sie ein paar Jahre lang zur Inaktivität gezwungen ist, weil ihre Kinder klein sind, dann sollte sie wenigstens Kontakt zu ihrem Studiengebiet halten und neue Entwicklungen und Fortschritte dort weiterverfolgen. Dann wird sie ihre Karriere jederzeit wieder aufnehmen können. Die Kinder wachsen nur zu schnell heran, und sie wird auf diese Weise noch ein lohnendes Leben haben, wenn ihre Sprösslinge aus dem Haus sind. […] Natürlich ist die Kombination von Kindern und Berufsarbeit nicht ganz einfach. Es gibt einen emotionalen Druck entsprechend der widerstreitenden Loyalitäten zur Wissenschaft einerseits und den Kindern andererseits, die schließlich eine Mutter brauchen. Ich habe diese Erfahrung voll und ganz gemacht. Aber wenn die Kinder älter werden, dann verstehen sie die Zusammenhänge und sind stolz darauf, eine Wissenschaftlerin zur Mutter zu haben.« Und sie bekannte: »Eine verheiratete Wissenschaftlerin braucht einen verständnisvollen Partner. Der richtige Ehemann für eine Frau mit einer Karriere in den Naturwissenschaften ist ein Wissenschaftler.«40


Das ist zugleich ein schönes Kompliment und eine Danksagung an ihren eigenen, nicht nur verständnisvollen, sondern sie zuweilen auch antreibenden Mann und geschätzten Gesprächspartner. Dabei war er selbst ein namhafter Wissenschaftler, dessen allgemeine Wertschätzung ihn – den Chemiker – Vizepräsident und Präsident der American Physical Society werden ließ (1972-1974).41

Von 1960 bis 1970 empfing Maria Göppert-Mayer mehrere Ehrendoktorwürden US-amerikanischer Colleges. Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften hatte sie bereits 1950 zum korrespondierenden Mitglied ernannt; 1956 war sie Mitglied der National Academy of Sciences der Vereinigten Staaten geworden.42 Mit Genugtuung konnte sie auch noch erleben, wie ihr Sohn Peter die wissenschaftliche Familientradition fortsetzte und Ende der 1960er Jahre – nachdem er sich von der Physik ab- und den Wirtschaftswissenschaften zugewandt hatte – »Assistant Professor of Economics« wurde.43 Tochter Marianne dagegen begnügte sich nach ihrer Heirat mit dem Astrophysiker Donat G. Wentzel44 aus dem Chicagoer Bekanntenkreis der Familie mit der Rolle eines »fakulty wife« (wie ihre Mutter die nicht wissenschaftlich tätigen Ehefrauen ihrer Kollegen zu bezeichnen pflegte). Am 20. Februar 1972 starb Maria Göppert-Mayer nach längerer Krankheit, noch keine 66 Jahre alt. Die letzte Ruhestätte fand sie im El Camino Memorial Park in San Diego.45 Ihr Nachlass, die sog. Maria Goeppert Mayer Papers, befindet sich (wie die Joseph Mayer Papers) in der University of California, San Diego.46 Ein zum Physik-Department der Hochschule gehörendes Gebäude heißt seit 1973 nach ihr und ihrem 1983 verstorbenen Ehemann »Mayer Hall«.47

Seit 1985 vergibt die American Physical Society jährlich einen von der General Electric Foundation gestifteten »Maria Goeppert Mayer Award« für hervorragende Leistungen junger Physikerinnen am Anfang ihrer Karriere; ein Teil des Preisgeldes ist dafür bestimmt, die Leistungen der Preisträgerinnen durch öffentliche Vorlesungen publik zu machen.48 Daneben reicht das Argonne National Laboratory ihr zu Ehren seit 15 Jahren einen »Distinguished Scholar Award« aus, um eine junge Wissenschaftlerin oder Ingenieurin zu innovativer Forschung mit den dort vorhandenen Ressourcen anzuspornen.49 Die University of California, San Diego schließlich veranstaltet seit 1996 jährlich ein »Maria Goeppert Mayer Symposium«, das Wissenschaftlerinnen verschiedener Disziplinen zum Gedankenaustausch zusammenführt.50
So lebt die Erinnerung an die große Physikerin – diesseits und jenseits des Atlantiks – vor allem in den zahlreichen jungen Wissenschaftlerinnen fort, die durch sie und die mit ihrem Namen verbundenen Mittel in ihrer Karriere gefördert werden.



Endnoten

1 Siehe die Homepage des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur unter »Themen« → »Wissenschaft« → »Gleichstellung« → »Maria-Goeppert-Mayer-Programm« oder unter der Web-Adresse http://www.mwk.niedersachsen.de/master
/C364765_N6986_L20_D0_I731.html.
2 Die Deutsche Physikalische Gesellschaft hat der Nobelpreisträgerin anlässlich ihres 100. Geburtstags ein wissenschaftliches Symposium im Rahmen der Jahrestagung 2006 in Frankfurt am Main gewidmet.
3 Dieser Teil der Straße heißt heute ulica Młyńska (in wörtlicher Übersetzung des früheren deutschen Namens).
4 Auch am ehemaligen Wohnhaus der Familie Göppert in Göttingen, Hermann-Föge-Weg 7, kündet eine Gedenktafel davon, dass hier »Friedrich Göppert 1910-1927« und »Maria Goeppert Mayer, Nobelpreisträgerin für Physik, 1910-1930« gewohnt haben; die Tafel wurde auf Anregung von Prof. Dr. Hans W. J. Marquardt, New York, am 28. Juni 1974 angebracht.
5 Internetdarstellung eines Maria Goeppert-Mayer gewidmeten Unterrichtsprojekts am Liceum Ogólnokształcące nr 1 im. Mikołaja Kopernika: http://www.copernicushigh.webhost.pl/mgm.
Die Enthüllung des neuen Straßenschildes fand am 31. August 2007 im Beisein des (verwitweten) Schwiegersohns der Nobelpreisträgerin statt; im September besuchte auch ihr Sohn Kattowitz und besagte Schule sowie u. a. die ev. Taufkirche seiner Mutter und die Universität und trug sich in das Gästebuch der Stadt ein – wie ergänzend zu erfahren war.
Die ul. Goeppert-Mayer Marii zweigt vom westlichen Teil der früheren ul. Młyńska, der jetzt ul. Sądowa heißt, ab und führt in einem großen Bogen zur ul. Gliwicka, wo sie in die ul. Grundmanna übergeht (gemäß Internet-Stadtplan von Kattowitz http://mapserver.um.katowice.pl).
In verschiedenen deutschen Städten gibt es ebenfalls Maria-Göppert-Mayer-Straßen – in München bspw. im Stadtteil Fröttmaning, in der Nähe der neu erbauten »Allianz-Arena« beim Autobahnkreuz München-Nord; ein parallel dazu verlaufender Weg ist übrigens nach Hans Jensen benannt, der zusammen mit Maria Göppert-Mayer den Nobelpreis empfing.
6 Grundlage für die Abfassung dieses Artikels sind im wesentlichen die nachfolgend unter a) bis i) aufgeführten Quellen. Die Fundstellen für speziellere Angaben (hieraus und aus zusätzlich herangezogenen Unterlagen) werden in den übrigen Fußnoten näher bezeichnet:
a) Notable American Women. The Modern Period. A Biographical Dictionary. The Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge/Massachusetts 1980, S. 466-468.
b) The National Cyclopedia of American Biography. James T. White & Co, New York 1979, Vol. 58, S. 605-606.
c) Joan Dash, Maria Goeppert-Mayer, [in:] A Life of One’s Own. Three Gifted Women and the Men They Married. Harper & Row, New York 1973, S. 229-346.
d) Ulla Fölsing, Maria Göppert-Mayer: Physik-Nobelpreis 1963, [in:] Nobel-Frauen. Naturwissenschaftlerinnen im Portrait. C.H.Beck, München 1990, S. 65-74.
e) Andrea Gabor, Maria Goeppert Mayer, [in:] Einstein’s Wife: Work and Marriage in the Lives of Five Great Twentieth-Century Women. Viking Press, New York 1995, S. 101-153.
f) Piotr Greiner, Cebulowa Madonna Maria Göppert-Mayer, [in:] Nobliści z Górnego Śląska. Rzeka, Wrocaw 1999, S. 85-123.
g) Judith Rauch, »Werde nie eine Frau, wenn du groß bist« Maria Goeppert Mayer (1906-1972), Nobelpreis für Physik 1963, [in:] Nicht nur Madame Curie … Frauen, die den Nobelpreis bekamen, hrsg. von Charlotte Kerner. Beltz & Gelberg, Weinheim 1990, S. 156-181.
h) Robert G. Sachs, Maria Goeppert Mayer 1906-1972. A Biographical Memoir, [in:] Biographical Memoirs der National Academy of Sciences of the United States, Washington, Vol. 50 (1979), S. 309-328. Siehe auch http://www.physics.ucla.edu/~moszkows/mgm/rgsmgm4.htm.
i) Cordula Tollmien, Kurzbiographie von Maria Göppert-Mayer, [in:] »Des Kennenlernens werth«. Bedeutende Frauen Göttingens, hrsg. von Traudel Weber-Reich. Wallstein Verlag, Göttingen 1993, S. 337-341.
7 Michael Rüdiger Gerber, Heinrich Robert Göppert (1800-1884), [in:] Schlesische Lebensbilder, Sechster Band. Degener & Co., Neustadt a.d. Aisch 1990, S. 138-147;
Gerhard Scheuermann, Das Breslau-Lexikon, Laumann-Verlag, Dülmen 1994, S 416-417. Außerdem: Breslau–Stadtplan von Anfang 1945 (Nachdruck), Wratislavia, Wroclaw 1992.
8 Ihm zu Ehren gab es in Breslau einen Göpperthain im Scheitniger Park und eine Göppertstraße (die heutige ul. Kanonia) am Rande des Botanischen Gartens; beim Zugang zu den Parkanlagen hinter dem Bernhardinkloster (heute Architekturmuseum) hatte man ihm ein Denkmal gesetzt, von dem leider nur mehr der Sockel erhalten ist.
9 Greiner (wie Anm. 6f), S. 86-89.
10 Fölsing (wie Anm. 6d), S. 66, und Rauch (wie Anm. 6g), S. 160.
11 Gabor (wie Anm. 6e), S. 109-110, und Rauch (wie Anm. 6g), S. 163.
12 Friedrich Hund, Die Geschichte der Göttinger Physik. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1987, S. 33 ff.
13 Ebd., S. 65/66.
14 Maria Goeppert Mayer, Kurzbiographie auf Anforderung des Nobelpreiskomitees aus Les Prix Nobel en 1963. The Nobel Prizes 1963, hrsg. von The Nobel Foundation, P.A. Norstedt & Söner, Stockholm 1964, S. 98 (»This was the time when quantum mechanics was young and exciting«).
15 Dash (wie Anm. 6c), S. 252 f. (»Mathematics began to seem too much like puzzle solving. Physics is puzzle solving too, but of puzzles created by nature, not by the mind of man.«).
16 Gabor (wie Anm. 6e), S. 116 (»a masterpiece of clarity and concreteness«).
17 Ernennungs-Urkunde zum Doktor der Philosophie der Georg-August-Universität Göttingen vom 26. Mai 1931 (Mayer Hall der University of California, San Diego).
18 Bruno H. Zimm, Joseph Edward Mayer. February 5, 1904 – October 15, 1983, [in:] Biographical Memoirs der National Academy of Sciences of the United States, Washington, Vol. 65 (1994), S. 210-220. Siehe auch http://books.nap.edu/openbook.php?record_id=4548&page=210.
19 Rauch (wie Anm. 6g), S. 159.
20 Biographien bedeutender Mathematiker, hrsg. von Hans Wußing und Wolfgang Arnold, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1985, S. 506/507.
21 Rauch (wie Anm. 6g), S. 166 ff.
22 Ulf Rosenow, Die Göttinger Physik unter dem Nationalsozialismus, [in:] Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus, hrsg. von Heinrich Becker, Hans-Joachim Dahms, Cornelia Wegeler. K.G. Saur, München 1998, insbes. S. 552-569.
23 Rauch (wie Anm. 6g), S. 169-170.
24 Gabor (wie Anm. 6e), S. 127.
25 Dash (wie Anm. 6c), S. 290-294. Isotope eines Elements unterscheiden sich nur durch die Zahl der Neutronen im Atomkern – bei gleicher Protonen- und damit Ordnungszahl im Periodensystem der Elemente.
26 Siehe Franck Report vom 11.6.1945: http://de.wikipedia.org/wiki/Franck_Report (Englischer Originaltext und deutsche Übersetzung).
27 Sachs (wie Anm. 6h), Kap. Work during World War II.
28 Goeppert Mayer (wie Anm. 14), S. 99.
29 Maria Goeppert Mayer, The Shell Model. Nobel Lecture, December 12, 1963, [in:] Les Prix Nobel en 1963. The Nobel Prizes 1963, hrsg. von The Nobel Foundation, P.A. Norstedt & Söner, Stockholm 1964, S. 134.
Abdruck des Nobelvortrags in deutscher Sprache: Das Schalenmodell des Atomkerns, [in:] Angewandte Chemie, hrsg. von der Gesellschaft deutscher Chemiker, 76. Jahrgang, Nr. 17 vom 7.9.1964, S. 729/730.
* Die Zahl der Protonen im Kern der in der Natur vorkommenden Elemente ist auf 94 begrenzt (das Plutoniumatom weist 94 Protonen und 150 Neutronen auf).
30 Hans E. Suess, Über kosmische Kernhäufigkeiten I und II, [in:] Zeitschrift für Naturforschung, Bd. 2a (1947), H. 6, S. 311-321 und H. 11/12, S. 604-608. In dem letztgenannten Artikel dankt Suess seinem Kollegen Otto Haxel ausdrücklich »für interessante Diskussionen über diese ausgezeichneten Zahlenwerte […]« (auf die er durch eigene kernphysikalische Untersuchungen aufmerksam geworden war).
31 Goeppert Mayer (wie Anm. 29), S. 142 (»It was kind of a jigsaw puzzle […] so that one saw a picture emerging. One felt that if one had just one more piece everything would fit.«), bzw. S. 733.
32 Diese vereinfachte Darstellung des Kernschalenmodells wurde mit Professor Peter Ring, Theoretische Kernphysik am Physik-Department der Technischen Universität München, abgestimmt.
33 Maria Goeppert Mayer, On Closed Shells in Nuclei. II, [in:] The Physical Review, Vol. 75, Issue 12 vom 15.6.1949, S. 1969-1970 (die Mitteilung lag der Redaktion am 4. Februar 1949 vor). Vorausgegangen war ein Artikel On Closed Shells in Nuclei (über experimentelle Fakten), [in:] Physical Review, Vol. 74, Issue 3 vom 1.8.1948, S. 235-239. Die Autorin hat ihre empirischen Befunde und theoretischen Überlegungen später noch in den folgenden Artikeln ausformuliert: Nuclear Configurations in the Spin-Orbit Coupling Model I und II, [in:] The Physical Review, Vol. 78, Issue 1 vom 1.4.1950, S. 16-21 und 21-22.
34 Otto Haxel, Hans D. Jensen und Hans E. Suess, Zur Interpretation der ausgezeichneten Nucleonenzahlen im Bau der Atomkerne, [in:] Die Naturwissenschaften, 35. Jahrgang, H. 12 vom April 1949, S. 376, und 36. Jahrgang, H. 5 vom Juli 1949, S. 153-155 sowie S. 155-156 (unter dem Titel: Modellmäßige Deutung der ausgezeichneten Nucleonenzahlen im Kernbau). Die Mitteilung an »The Physical Review« ist unter dem Titel On the »Magic Numbers« in Nuclear Structure erschienen in Vol. 75, Issue 11 vom 1.6.1949, S. 1766. Der erstgenannte Beitrag bzw. die letztgenannte Mitteilung sind bei der Redaktion am 12. Februar bzw. 18. April 1949 eingegangen. Auch Haxel, Jensen und Suess ließen ihren »Schnellschüssen« eine ausführliche Darstellung folgen: Modellmäßige Deutung der ausgezeichneten Nukleonenzahlen im Kernbau, [in:] Zeitschrift für Physik, Bd. 128, Nr. 2 vom April 1950, S. 295-311.
35 Hans D. Jensen (1907-1973) leitete das Institut für theoretische Physik der Universität Heidelberg von 1948 bis zu seinem Rückzug aus dem Universitätsbetrieb im Jahr 1969 (von mehreren Gastprofessuren in den USA abgesehen); er hat wesentlichen Anteil am Ausbau der Physik an dieser Hochschule und an der Errichtung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg im Jahr 1958. 2007, zur 100. Wiederkehr seines Geburtstags, fand an der Universität Heidelberg ihm zu Ehren ein Symposium statt und wurde das Gebäude des Instituts für theoretische Physik nach ihm benannt; 2008 wird in Heidelberg außerdem eine »Jensen-Gastprofessur« eingerichtet. Eine kurze Anmerkung zu Jensens Koautoren bei den entscheidenden Veröffentlichungen über das Schalenmodell des Atomkerns, Otto Haxel (Max-Planck-Institut für Physik Göttingen) und Hans E. Suess (Institut für physikalische Chemie der Universität Hamburg): Haxel (1909-1998) baute ab 1950 das II. Physikalische Institut der Universität Heidelberg auf und wirkte maßgeblich an der Gründung des Kernforschungszentrums Karlsruhe im Jahr 1956 mit, das er auch mehrere Jahre als technisch-wissenschaftlicher Direktor leitete; zum Dank für den Anstoß zu der nobelpreiswürdigen Entdeckung hat Jensen ihm die mit dem Nobelpreis verbundene Goldmedaille testamentarisch vermacht. Suess (1909-1993) kam bereits 1949 zu einem Forschungsaufenthalt an die University of Chicago und blieb fortan in den USA; als einer der ersten Professoren wurde er etwa ein Jahrzehnt später an die im Aufbau befindliche University of California, San Diego berufen, wo er Wesentliches zur Verbesserung der Methode der Radiocarbon-Datierung beitrug.
36 Dash (wie Anm. 6c), S. 339.
37 Goeppert Mayer (wie Anm. 14), S. 98.
38 Ersichtlich aus einem vom Argonne National Laboratory zur Verfügung gestellten Foto.
39 Dash (wie Anm. 6c), S. 335.
40 Maria Goeppert-Mayer, The Changing Status of Women as seen by a Scientist, Vortrag in Japan 1965, S. 5-6. University of California, San Diego – Mandeville Special Collections Library (Teil der Geisel Library, der zentralen Universitätsbibliothek). Siehe auch Anm. 6d, S. 73/74.
41 Zimm (wie Anm. 18), S. 216.
42 National Cyclopedia (wie Anm. 6b), S. 606.
43 Dash (wie Anm. 6c), S. 340, und Gabor (wie Anm. 6e), S. 151.
44 Emeritus (seit 1994) der University of Maryland; sein Vater, der Physiker Gregor Wentzel, hat an der Universität München bei Arnold Sommerfeld promoviert und habilitiert und wirkte von 1928 bis 1948 an der Universität Zürich (als Nachfolger von Erwin Schrödinger) sowie von 1948 bis 1970 an der Universität von Chicago.
45 Rauch (wie Anm. 6g), S. 181.
46 The Register of Maria Goeppert Mayer Papers 1925-1973 und The Register of Joseph Mayer Papers 1920-1983. Mandeville Special Collections Library der University of California, San Diego. Im Internet unter http://orpheus.ucsd.edu/speccoll/testing/html/mss0020a.html und http://orpheus.ucsd.edu/speccoll/testing/html/mss0047a.html.
47 Ein dem Autor vorliegendes Gebäude-Photo mit der am Eingang angebrachten Bronzetafel belegt diese Angaben.
48 Siehe http://www.aps.org/programs/honors/awards/goeppert-mayer.cfm.
49 Der bislang unter http://www.anl.gov/CMB/mgm.html vorhandene einschlägige Artikel auf der Website des Argonne National Laboratory (ANL) ist derzeit (2007) nicht einsehbar, weil einer Mitteilung des ANL zufolge Überlegungen über eine eventuelle Umgestaltung bzw. Neuausrichtung des Preises angestellt werden.
50 Siehe http://wrmacs.org/confex.pl?S4149.HTM. Das Symposium wird auf Betreiben seiner Initiatorin, der nunmehr an der Universität Zürich tätigen Chemikerin Kim Baldridge, künftig dort unter dem Namen der Chemie-Nobelpreisträgerin von 1964 Dorothy Crowfoot-Hodg




Erschienen in:
»Slaska Republika Uczonych / Schlesische Gelehrtenrepublik / Slezská Vedecká Obec«,
hrsg. von Marek Halub und Anna Manko-Matysiak, Universität Wroclaw (Breslau), Vol. 3/2008, S. 589.



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